Was Du schon immer mal nicht wissen wolltest (Blog)

Warum haben Menschen Angst im Dunkeln?

Über eine mächtige Urangst, unsichtbare Monster, kindliche Entwicklungsphasen, vorübergehende Blindheit und ein peinliches Gefühl:

Du bist nachts allein, sitzt gemütlich auf der Couch, schaust einen Film. Draußen stürmt es. Regentropfen prasseln gegen das Fenster. Im Zimmer ist es hell. Du fühlst dich sicher.

Plötzlich ein lautes Zischen. Fernseher und Licht gehen aus. Der Strom ist weg. Es herrscht absolute Finsternis. Du siehst nichts mehr. Ein unangenehmes Gefühl breitet sich in dir aus.

Auch wenn es nur die Wenigsten zugeben: Nicht nur Kinder fürchten sich vor der Dunkelheit, auch viele Erwachsene fühlen sich noch immer unbehaglich, wenn sie in den dunklen Keller gehen. Weiterlesen „Warum haben Menschen Angst im Dunkeln?“

Was ist der evolutionäre Sinn der Dunkelangst?

Wie verbesserte die Angst im Dunkeln einst unsere Überlebenschancen? Warum sind nächtliche Gefahren ein Dilemma für die menschlichen Instinkte? Welche realen Risiken gibt es nachts tatsächlich?

Ich habe immer geglaubt, meine Angst vor der Dunkelheit sei ein lächerliches Überbleibsel aus der Kindheit. Dank der Wissenschaft habe ich jetzt aber die Wahrheit herausgefunden. Sie ist ein lächerliches Überbleibsel aus der Kindheit und aus der frühen Menschheitsgeschichte, als das Ganze noch gar nicht so lächerlich war.

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DUNKELANGST: Wenn aus Unbehagen Panik wird

Als ich 13 war machte unser Bio-Lehrer mit uns ein Experiment. Er wollte demonstrieren, wie sich unsere Pupillen in der Dunkelheit erweitern. Er ließ die Jalusien herunter und schaltete das Licht aus. Plötzlich war es stockfinster und wir konnten nichts mehr sehen. Die nächsten Minuten waren schrecklich. Ich hatte panische Angst. Ich hatte ein Feuerzeug in der Tasche und hielt es fest umklammert. Mein einziger Gedanke war: „Ich kann Licht machen. Ich kann Licht machen…“

Meine Klassenkameraden um mich herum verhielten sich entspannt. Sie machten Scherze, lachten und wirkten unbeschwert. Heute denke ich, dass es einigen von ihnen wahrscheinlich ähnlich wie mir erging, aber davon bekam ich in dem Moment nichts mit. Damals hielt ich mich eigentlich für mutig und stark, aber dieses Erlebnis erschütterte mich tief. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es war, als die Schulstunde zuende war und wir den Raum verließen. Ich war verstört und sagte kein Wort. Es war, als ob ich neben mir ginge. Alles fühlte sich fremd und irreal an. Weiterlesen „DUNKELANGST: Wenn aus Unbehagen Panik wird“

Eine Kulturgeschichte der Dunkelheit (Rezension)

Bevor künstliches Licht immer und überall ausreichend verfügbar war, waren alle Menschen auf der ganzen Welt nachts für einige Stunden blind oder sehbehindert. Wohin das führte, beschreibt der Historiker A. Roger Ekirch in seinem faszinierenden Buch über menschliches Leben in der Nacht. Hier meine Rezension dazu:

Ekirch recherchierte 20 Jahre lang und wertete zahllose Quellen wie Tagebücher, Briefe, Gerichtsprotokolle, Flugblätter, Verordnungen, Reiseberichte, Kaperbücher, Predigten, Theaterstücke, Volkslieder, Romane, Gedichte, Fabeln und Spruchweisheiten aus und beschrieb die daraus gewonnenen Erkenntnisse über nächtliche Gefahren, Ängste, Schutzmaßnahmen, Ordnungspraktiken, Freiheiten, Schlafgewohnheiten, häusliche Rituale und mehr auf anschauliche und unterhaltsame Weise. Seine akribische Arbeit hat sich gelohnt. Es entstand eine umfassende Kulturgeschichte der Dunkelheit, eine Fundgrube für Wissenschaftler, Romanautoren und alle anderen an der Nacht Interessierten, ein kenntnisreich geschriebener Wälzer nicht nur für Liebhaber historischer Darstellungen, sondern für alle, die wissen wollen, was die Menschen vor der industriellen Revolution nachts im Dunkeln so alles getrieben haben. Weiterlesen „Eine Kulturgeschichte der Dunkelheit (Rezension)“

3 Wochen lang blind, ein Experiment

2007 machte die Künstlerin Marietta Schwarz einen „Blindversuch“ und verzichtete mehrere Wochen lang komplett auf das Sehen. In einem Bericht über diese Zeit schrieb sie unter anderem über den Besuch einer Kunstausstellung, Spaziergänge im Freien, eine wunderbare Grotte am Rhein, den Kölner Dom, künstlerisches Arbeiten und ihre abschließende „Entblindung“ unter ärztlicher Aufsicht. Es geht um Raumwahrnehmung, innere Bilder, Phantasie, Orientierung, Hören, Fühlen, Riechen, Erinnerungen und mehr.

Ich finde den Text schön geschrieben. Marietta Schwarz hat vieles gut reflektiert auf den Punkt gebracht. Ich habe nach meiner Erblindung ähnliche, sehr überraschende Wahrnehmungserfahrungen gemacht und mache sie gelegentlich noch immer.☺

Für einige Wochen blind zu sein, ist natürlich nicht besonders beängstigend, wenn man weiss, dass man danach wieder normal sehend weiterleben kann. Genau das aber macht den Text aus meiner Sicht so interessant. Es geht um positive Aspekte der Blindheit, um veränderte, nicht-visuelle Sinneswahrnehmungen, geschildert aus einer entspannten Situation heraus. Weiterlesen „3 Wochen lang blind, ein Experiment“

Dunkelheit und Psychologie, Sehende und Blindheit

Jeder Mensch kennt das Gefühl zwischen Beklemmung und Angst, wenn man im Dunklen plötzlich nichts mehr sieht. In unfreiwilliger Dunkelheit fühlen sich Sehende oft unbehaglich, unwohl, angespannt, nervös, mulmig, orientierungslos, unsicher, wehrlos, hilflos, abhängig, ausgeliefert, gefangen, eingesperrt, isoliert, alleine, machtlos, passiv, ohnmächtig, eingeschüchtert, nicht gut.

Meine Blindheit macht mich nicht traurig, Sehende manchmal schon.

Während der Entstehung von Dubistblind.de fiel mir neben dieser Doppeldeutigkeit auf, dass viele typische Probleme blinder Menschen sozialer Art sind und vielleicht auch mit der evolutionär entstandenen und einst sinnvollen Angst vor Dunkelheit zusammenhängen. Beeinflußen unbewusste Angsterinnerungen, wie sehende Menschen sich das Leben und die Lebensqualität blinder Menschen vorstellen?

Was sind Urängste? Warum gibt es sie? Welche Ängste haben Tier und Mensch gemeinsam? Welche Ängste kennt schon jedes Kind? Welche realen Gefahren gibt es im Dunkeln? Wie gehen sehende Menschen mit ihrer Dunkelangst um? Welche Bewältigungsstrategien haben sie?

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Berührungsängsten gegenüber blinden Menschen und der allen Menschen bekannten Angst im Dunkeln? Was unterscheidet Blindheit von anderen Behinderungen? Was ist das Einzigartige an Blindheit? Welche Befürchtungen haben Sehende beim Kontakt mit Blinden? Was haben Übertragung, Projektion, Antizipation, Bias, Spiegelneuronen, negative Empathie, Stereotypen und Stigmatisierung damit zu tun? Weiterlesen „Dunkelheit und Psychologie, Sehende und Blindheit“

Welche Begriffe fallen dir spontan zum Thema „Blindheit“ ein?

Welche Begriffe fallen dir spontan zum Thema „Blindheit“ ein?

Dies hatte ich vor einigen Tagen bei Facebook gefragt. 2011 wurde diese Frage bereits einmal von Heiko Kunert gestellt. Es geht mir um die Asoziationen sehender Menschen zu Blindheit und blinden Menschen im allgemeinen. Bitte vor dem weiterlesen erst kurz darüber nachdenken und die Worte vielleicht sogar schon mal notieren. Antworten sind möglich als Kommentar direkt hier, unter diesem FB-Post oder bei Twitter an @de_Per. Danke! :-)

Ich arbeite an einen Text, in dem es darum geht, was Sehende Menschen fühlen oder denken, wenn es um Blindheit geht oder sie einen blinden Menschen treffen. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten. Wir Menschen beschönigen unangenehme Wahrheiten gerne und möchten meist auch offen und klug wirken. Ungeschminkte Antworten wären in diesem Fall aber besser, auch wenn es vielleicht schwer fällt. .

Zugehörige Seiten:
Du und die Sehenden: Sammlung passender #Dubistblind-Sätze.
Was Sehende über Blindheit denken: Ergebnisse einer Studie aus den USA, ergänzt mit meiner eigenen Meinung.

Wortwolke

Von den bislang insgesamt 26 Antworten habe ich fast alle Begriffe zu einer Art Wortwolke „verdichtet“. Das Resultat liest sich zuerst beklemmend, wird dann neutral und schließlich positiv, vielleicht sogar zu positiv. . Manche haben bei der Beantwortung vielleicht an Menschen gedacht, die sie kennen, andere stellten sich vielleicht vor, wie es wohl ist, blind zu sein oder selber blind zu werden. Wenn mehrere Leute den gleichen Begriff genannt haben, habe ich ihn auch entsprechend oft benutzt. Ich habe alle Worte zusammengeführt und in eine eigene Reihenfolge gebracht. Dabei habe ich mir die „künstlerische Freiheit“ genommen, einiges völlig unpassendes wegzulassen und zwei bis drei Aussagen sprachlich anzugleichen. Die Überschrift spiegelt die meistgenannten Asoziationen wider. Hier ist das Ergebnis:

Mit Stock und Hund gegen die Angst vor der Dunkelheit

Dunkelheit, Dunkelheit, Dunkelheit, Angst, Angst, Angst,
Dunkelheit, Dunkelheit, Dunkelheit. Einschränkung, Einschränkung, Abhängigkeit.
Hilflos, zerbrechlich, orientierungslos, eingeschränkt, abhängig.
Unsicherheit. Beklemmung. Hilfe. Mitgefühl. Bevormundung. Einsamkeit.
Manchmal wütend auf die eigene Blindheit. Dunkel. Mit Blindheit geschlagen.

Blindenhund, Blindenhund, Blindenhund, Blindenhund. Begleithund, Hund, Hund, Hund, Hund.
Langstock, Stock, Stock, Stock, Stock.
Blindenschrift, Blindenschrift, Blindenschrift, Brailleschrift, Braille, Braille.
Orientierung. Räumliches Denken. Geräusche machen beim vorbeigehen. Klackende Ampel. Blinde Kuh spielen. Dialog im Dunkeln, Dialog im Dunkeln, Café dunkel.
Physiotherapeuten, Hörfilme, erschwertes Leben als Kind, gute moderne Unterstützungsmöglichkeiten, NORMAL (mit anderen Sinnen auf andere Art und Weise zum Ziel kommen).
Barrierefreiheit, Barrierefreiheit, Barrierefreiheit. Brille, Brille, Blindenzeichen.

Feingefühl, Feingefühl, Sensibilität.
Sehen, sehen, Nichts sehen, „energetisch sehen“.
Fühlen, fühlen, Hände. Hören, hören. Sensibel, sensibel.
Sinne, bessere Sinne, Supergehör, scharfgestelltes Hören.
Besonders wahrnehmungsfähig, gutes Gespür für Gefühle. Kommunikativ, kommunikativ.
Langsamer. Kopfkino. Einfühlsamkeit. Fantasie. Respekt, Respekt, Bewunderung.
Stark, einfallsreich, freundlich, offen, frei, intensiv, interessiert, intelligent, vertrauensvoll, Lebenskünstler, liebenswert.
Horizont erweitern, Abenteuer, geschmeidig bleiben, blaue Flecken, Mut, Mary Ingalls.